Freitag, 13. Juli 2007

Johanna und Musik

Schon bei den ersten Untersuchungen nach Johannas Geburt haben wir verstanden, dass wir uns auf alles gefasst machen müssen. Kann sie hören? - war eine der Fragen, die wir stellten. Nach und nach wurde uns klar, dass sie hören kann und sehr gut sogar. Beeindruckend war ihre Reaktion auf die Klänge der Musik. Als sie sich nach der Operation langsam erholt hatte, habe ich bei einem Krankenhausbesuch zwei kleine Lautsprecher in ihrem Bettchen entdeckt. Die netten Schwestern erklärten, dass die Kleine sich beruhigte, als sie Musik hörte - so haben sie ihr eine Entspannungs-CD angeschaltet... Sie hatten ja dort eher mit Frühchen zu tun, sie schlafen viel, und unser Mädchen wollte etwas mehr Unterhaltung und Gesellschaft, die die Schwestern einfach nicht leisten konnten. Zu Hause in den Wachphasen hörte sie oft ruhige Musik. Da unser Familienleben tagsüber in unserem großen Zimmer das Zentrum hat, übte die 9-jährige Schwester eines Tages fleißig für ihren Geigenunterricht. Man muss sagen, sie hat keine berühmte Geige... die Klänge sind nicht besonders toll... und an diesem Tag waren sie irgendwie schief... Bei einem schrillen und aufdringlichen Ton weinte Johanna plötzlich, und so, dass wir uns nur wunderten... Also, sie kann hören, und sie kann unterscheiden.
Andere Geräusche, die im Haus und auf der Strasse zu hören waren, interessierten sie auch sehr. Polizei, Feuerwehr und Notarzt - alle haben ihre Aufmerksamkeit bekommen.
Gestern gab es bei uns zu Hause eine kleine Probe der 3-Klässler zum Abschied ihrer Lieblingslehrerin. Die Schwester und ihre Klassenkameraden spielten einige kleine Stücke und anschließend gab es ein flottes Rap-Liedchen, mit dem rhytmischen Klatchen. Johanna war auch dabei. Erstaunlich, wie sie reagiert hatte: bei jedem lauten Klatchen schloss sie ganz schnell ihre Augen. Bilder kann ich hier nicht einsetzen, da viele andere Kinder dabei waren, ich möchte aber diese Erinnerung für mich hier festhalten.
Aus den Zeiten vor der Geburt tischt mir mein Gedächtnis eine Episode auf. Wir waren zusammen zu einer Ultraschalluntersuchung. Es sollten alle Organe genau unter die Lupe genommen werden. Die Hände waren an der Reihe. Die Kleine zeigte uns ihre Hand mit der Handfläche direkt ins Gerät. "Was für eine hübsche Hand,- so der Arzt,- eine Künstlerhand! Eine Klavierspielerin!"
"Oh, Mama, wir haben aber kein Klavier,- das sagte meine dort anwesende Tochter,- aber es ist nicht schlimm, ich gebe ihr meine alte kleine Geige..."
So entstehen die Traumbilder...
Tja, wir haben wirklich kein Klavier mehr. Und die Diagnose hat uns viele Träume genommen... Und mit der Künstlerhand... Aber wir haben ein Keyboard, und darauf kann man auch mit einem kleinen Kind spielen. Na ja, spielen - das macht ein Erwachsener, Johanna weiss aber, dass sie ihren Zeigefinger ganz doll anstrengen muss, damit es wirklich klappt. "Alle meine Entchen" sind ja fast bühnenreif...!

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