Donnerstag, 20. August 2009

Ich habe mich doch auf die Strasse getraut...

Nach den Strassenzuständen in Kathmandu kann uns nichts mehr überaschen, dachten wir.
Die Ankunft im gepflegtesten Flughafen Indira Ghandi in Delhi, der in Sachen Sauberkeit mit Tokio mithalten kann, die Fahrt über ein Stück Autobahn aus dem Flughafen haben uns getäuscht: sofort nach der Abfahrt von der Autobahn ging es richtig zur Sache. Alle möglichen Fahrzeuge kämpften um ein Stück Strasse, jedes in seine Richtung... In der Dunkelheit konnte ich keine Fotos machen und als der Hotelfahrer irgendwo in einer Menschen-Rikshas-Autos-Hunde-Roller-etc.-Masse stoppte, weigerte ich mich erst innerlich, auszusteigen. Das Hotel liegt sehr zentral, dem Red Fort gegenüber - stand in der Werbung, und das stimmte. Nur es gab keine Zufahrt zum Hotel. Man musste in eine Seitenstrasse einbiegen, und diese musste man einmal gesehen und gerochen haben, um zu verstehen, das hier kein Paradis zu suchen sei... da Maria und ich während der Fahrt eingeschlafen sind, kam ich nicht schnell genug "zu mir" - ich habe mich wirklich erschrocken. Maria auch.
Den Tag werde ich später beschreiben wollen - wir haben viel erlebt und gesehen und gehört, auch wenn wir bis zum Nachmittag das Hotel nicht verlassen haben.
Um ca. 16:00 hat Josef uns ausdrücklich eingeladen, einen kleinen Spaziergang zu machen. Wir gingen. Die Strasse war plötzlich nicht so schlimm. Winkende und lächelnde Johanna im Kinderwagen (ja, er ist noch am Leben und fährt!!!!) wirkte wie immer: im Nu stand ein Haufen Menschen um uns und wollte Johanna die hand geben - ich habe ja schon erzählt, sie kann mit der Bundeskanzlerin um die Wette Hände schütteln. Der Papa musste sich einmischen und resolut den Kinderwagen weiter schieben, sonst würden wir immer noch dort stehen...
Wir entdeckten, dass unser hotel mit seiner Seitenstrasse im Gesamtkomplex eines grossen Marktes liegt und deshalb eine solche laute Umgebung nicht vermeidbar ist. Es war kaum möglich gewesen, auf alle Anfragen aller Rikshafahrer angemessen zu antworten. Dass wir zu Fuss gehen WOLLTEN, wollten sie gar nicht wahrnehmen. Ich hatte mehrmals die Versuchung gehabt, ein paar Fotos zu knipsen, aber das konnte ich nicht. Es war einfach peinlich, in diesem Menschenüberlebenskampf mit dem Touristenkram anzutanzen. Irgendwie haben wir es wieder geschafft, die einzigen Ausländer hier im Hotel und in dieser Gegend zu sein... wir werden angestarrt, wir fallen aus, manch ein Mensch sah in uns eine plötzliche Verdienstmöglichkeit. Das ganze war ziemlich nachhaltig, sogar agressiv...
Die roten Mauern des Red Fortes waren wie eine Rettung: ab einem bestimmten Bereich gilt die Gegend als Touristenattraktion, wir waren "gerettet". Da habe ich einige Fotos gemacht, wie es sich gehört. "Wir waren da!". aber lieber würde ich die Soldatenposten mit Gewehren und Sandsäcken als Schiessschutz am eingang fotografieren und die Durchsuchung der Taschen (Frauen und männer getrennt) und die braunen Saris der Militärfrauen. Hier muss das Verteidigungsministerium etwas mehr für die schöne traditionsbezogene Seidenuniform abblättern... die Fotos habe ich aber nicht machen dürfen...
Während des Spazierganges im Fort, wo auch einige Souvenierlädchen waren, wurden wir und Johanna immer wieder von den anderen besuchern und Touristen angesprochen und begrüsst, sie bekam von einem Juwellier einen Ring geschenkt und wurde immer wieder von den Menschen fotografiert - ob handy oder kamera, was so zur hand war... Ein Inder mit erwachsenem Sohn und Frau hat uns angesprochen. Nach den üblichen Fragen, aus welchem Land wir und unsere Gesprächspartner sind, kam schnell noch eine Frage - Do you want visit Kashmir? You can stay in my home! Your Baby pleased me so much! - konnten wir uns solche Kontakte früher vorstellen? Neee... Ein Erinnerungsfoto wurde gemacht, dafür musste der Sohn auf die fahrbahn gehen und den Verkehr lahm legen... Wir haben ein kärtchen mit Johannas Adresse gegeben - wer weiss, ob sie mal einen solchen "Gast" bekommt .lol.

Wir verabschiedeten uns. Kurze Minuten der menschlichen Nähe und der Normalität, sie sind hier im menschentrubel noch kostbarer, als in einer gepflegten "Kafee-Kuchen-Athmosphäre...

Ein Schild in der Dunkelheit hat uns an sich gezogen: McDo----! Es gibt doch etwas, was wir heute zum Abendessen bekommen! Unser Versuch, im Hotelrestaurant zur Mittagszeit eine (garantiert nicht scharfe) Suppe zu essen, beschehrte uns verbrannte Zungen, Taubheit aller Geschmacksknospen für einige Stunden und einen Riesendurst für den rest des tages... lol...

Die Eingangstür wurde von einem Sicherheitsbeamten bewacht. Nicht alle, nur vrnehmer aussehende und gepflegte besucher können hineinkommen. Ein Schild beim Tresen war nicht zu übersehen:
hier wird kein Rindfleisch serviert!
Klar. Was gibt es denn? Vegetarische Burger, Chicken- und Fischburger. Johanna freute sich über Pommes!
Nach so einem gesunden Essen schläft man am besten...

Um das Einschlafen möglich zu machen, mussten wir wieder ducht die ganze Menschen-Auto-etc-menge zurck gehen. Schrecklich, wie es mit dem Abend immer schwerer wurde, an allen Riksha- und Taxifahrer vorbei zu gehen, deren Agression und Nachhaltigkeit mit der Dunkelheit wuchsen...

Morgen wollen wir uns AltDelhi uns NeuDelhi anschauen. Übermorgen werden unsere Wege nach Agra führen, wo wir Taj Mahal bewundern können.

Von all dem scharfen Essen und schlechten Windeln vielleich bekam Johanna eine unangenehme Hautirritation, die ich bis morgen in Griff bekommen muss.
Die gestrige Temperaturkontrolle im Flughafen empfand ich mit Erleichterung: das ist wohl eine vorletzte gewesen, die letzte kommt bei der Ankunft in Deutschland. Aber da habe ich keine Angst, irgendwo eingesperrt zu sein, nur weil das Kind ein leichtes Fieber hat... wir werden sehen...
Liebe Grüsse an alle, die an uns denken und die ein wenig "mitreisen".
Irina aus dem Tara Palace Hotel in Delhi.

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